Quarantäne während des Urlaubs – Gutschrift der Urlaubstage?

Den meisten dürfte es bekannt sein: Wer während seines Urlaubs erkrankt, kann die Urlaubstage seinem Urlaubskonto gutschreiben lassen und den Urlaub später noch einmal nehmen.

Denn der Urlaub soll der Erholung dienen. Diese tritt nicht ein, wenn man mit Fieber, Durchfall usw. im Bett liegt. Aber was, wenn man sich „nur“ in Quarantäne befindet, also nicht krank, vielleicht noch nicht einmal positiv auf das Corona-Virus getestet ist, aber das Haus nicht verlassen darf?

Aktuell lautet die unbefriedigende Antwort der Juristen: Es kommt darauf an.Insbesondere, in welchem Landesarbeitsgerichtsbezirk man wohnt, da es hier unterschiedliche Auffassungen verschiedener Landesarbeitsgerichte gibt.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in seiner ausführlich begründeten Entscheidung vom 07.10.2021, 7 Sa 857/21, ausgeführt, dass der Urlaub trotz der Quarantäne nicht erneut genommen werden kann. Die Regelung aus dem Urlaubsrecht finde nicht, auch nicht analog Anwendung. Die Klägerin in dem Fall wurde zwar positiv auf das Corona-Virus getestet, aber nicht krank geschrieben, obwohl dies auch telefonisch möglich gewesen wäre. Für eine analoge Anwendung sei kein Raum. Das Bundesurlaubsgesetz sehe vor, dass alle anderen urlaubsstörenden Ereignisse Teil des persönlichen Lebensschicksals des Arbeitnehmer seien. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, diese auszugleichen. Auch während der Quarantäne könne sich ein Arbeitnehmer erholen, auch wenn der Urlaub einen geringeren Erholungswert haben mag.

Diese Entscheidung wird von etlichen Gerichten als zutreffend zitiert, nicht aber vom Landesarbeitsgericht Hamm. Dieses hat in seinem Urteil vom 27.01.2022, 5 Sa 1030/21 die Urlaubsvorschriften analog auf die Situation der Quarantäne angewendet und die Arbeitgeberin verurteilt, dem Urlaubskonto des Arbeitnehmers die Urlaubstage wieder gutzuschreiben. Diese insbesondere unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofes, der mehrfach das deutsche Urlaubsrecht auf den Kopf gestellt hat mit dem Hinweis, der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub sei ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft. Im Fall einer angeordneten Quarantäne sei die Situation vergleichbar mit einer Erkrankung. Dies unabhängig davon, wie der einzelne betroffene Arbeitnehmer die Quarantäne empfinde. Denn er könne seine Urlaubsgestaltung nicht frei bestimmen. Es verwies auf einige ältere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, wonach ein Ausscheider im Sinne des Bundesseuchengesetzes einem Kranken gleichgestellt werden müsse.

Welche Rechtauffassung sich letzten Endes durchsetzt, bleibt abzuwarten. In beiden Fällen wurde die Revision zugelassen, offenbar aber nur gegen das Urteil des LAG Hamm eingelegt. Dort wird unter dem Aktenzeichen 9 AZR 76/22 am 16.08.2022 mündlich verhandelt. Auf den 08.11.2022 ist die mündliche Verhandlung anberaumt gegen ein Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 15.02.2022, 1 Sa 208/21, das ebenso argumentiert hat wie das LAG Düsseldorf. Wie so oft im Arbeitsrecht bleibt es spannend.

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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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