Nachhaltige Geldanlagen rücken nach Coronakrise in den Fokus

Der Trend zu nachhaltigen Geldanlagen wird sich laut Expertenmeinung nach der Krise noch verstärken: ökologische und soziale Verantwortung rücken dann stärker in den Fokus.

BildDas Thema Nachhaltigkeit ist nicht Neues – schon seit vielen Jahren beschäftigen sich Unternehmen mit den Folgen ihres Handelns und Wirtschaftens. Doch so richtig Fahrt hat das Thema mit der „Fridays for Future“-Bewegung und der daraus resultierenden weltweiten Klimadebatte aufgenommen – und mit COVID-19 wieder an Schwung verloren. Leider, denn Auswertungen der Ratingagentur Scope zeigen, dass Fonds mit Nachhaltigkeitsfokus während der Coronakrise weniger an Wert eingebüßt haben als Produkte ohne den Ökofaktor. Es lohnt sich also, „grüne“ Kapitalanlagen näher zu beleuchten, auch vor dem Hintergrund, dass ökologische und soziale Verantwortung in den kommenden Monaten noch stärker in den Vordergrund rücken werden.

Nicht nur große Konzerne sowie mittelständische Unternehmen, sondern auch die Politik und private Haushalte schreiben sich seit einiger Zeit ein nachhaltigeres Verhalten auf die Fahne. Auf das gesteigerte Bewusstsein für ökologische und soziale Aspekte reagieren natürlich auch Investmentanbieter und passen ihre Portfolios an. „Unsere Mandanten interessieren sich vermehrt für nachhaltige Investments“, sagt Ralf Lex, Vorstandsmitglied der Vermögensberatung ecoblue. „Wir merken deutlich, dass Anleger neben der Rendite auch immer stärker auf die Sinnhaftigkeit einer Investition achten“, berichtet Lex aus seinem Berateralltag. Und die Zahlen sprechen für sich: Laut Marktbericht 2019 des „Forums Nachhaltige Geldanlagen“ stieg die Summe nachhaltiger Investments in Deutschland innerhalb eines Jahres um 28 Prozent – auf 219 Milliarden Euro. Und auch die Bundesregierung zieht sich aus klimaschädlichen Fonds als Investor zurück – sie will zum Beispiel nicht mehr in ausländische Atomanlagen investieren.

Nachhaltigkeit hat viele Gesichter

„Nachhaltige Vermögensanlagen sollten unbedingt die sogenannten ESG-Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Die Abkürzung ESG steht dabei für Environmental, Social und Governance“, weiß Fondsberater Lex. Dazu gehören kritische Faktoren wie Klimawandel, Umweltverschmutzung, biologische Vielfalt oder Wasserknappheit ebenso wie Arbeitnehmer-Beziehungen, soziales Engagement, Menschenrechte oder Minderheitenschutz. So verschieden wie die Kriterien sind, so vielfältig fallen auch die Strategien der Investmentanbieter bei der Auswahl ihrer nachhaltigen Fonds aus. Manche Anbieter verzichten beispielsweise auf Investitionen, die mit Kohle oder Atomkraft zusammenhängen. Andere investieren nicht in Fonds mit Anteilen an Waffenlieferanten. Laut dem Marktbericht des „Forums Nachhaltige Geldanlagen“ hat es der Ausschluss von Kohle in 2018 erstmals unter die Top Ten der nachhaltigen Anlagestrategien geschafft. Angeführt wird das Ranking der gängigsten Ausschlusskriterien von Arbeitsrechtsverletzungen, gefolgt von Korruption und Bestechung. Auf Platz drei liegen Menschenrechtsverletzungen. „Anleger sollten bei der Suche nach Investitionsmöglichkeiten deshalb unbedingt darauf achten, auf welche Kriterien der jeweilige Fonds abzielt und dann die für sie passende Zielanlage auswählen“, rät Ralf Lex, der bei ecoblue auch die Investmentabteilung leitet. „Letztendlich zeigen die Gespräche mit unseren Mandanten, dass der Begriff Nachhaltigkeit sehr subjektiv ist und vom eigenen Werteverständnis beeinflusst wird“. So kann ein Unternehmen auch dann als nachhaltig gelten, wenn die Herstellung des Produkts zwar nicht unbedingt umweltfreundlich ist, dafür aber die Verwendung des Produkts beim Endkunden einen positiven Klimabeitrag leistet.

Verbindliche Standards als Orientierungshilfe

Um die Investition in nachhaltige Fonds für Anleger einfacher zu gestalten, werden verstärkt verbindliche Regeln geschaffen. Deshalb hat die EU-Kommission im Frühjahr 2018 einen ersten Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, der fortwährend nachjustiert und peu à peu in verbindliche Gesetzesvorschläge einfließen soll. Zu den wichtigsten EU-Zielen gehören die Schaffung einer einheitlichen EU-Kennzeichnung für nachhaltige Geldanlagen, die Definition klarer Pflichten von Vermögensverwaltern und institutionellen Anlegern, das Aufstellen von Regeln und Auflagen für nachhaltige Finanzberatungen sowie mehr Transparenz in Pflichtveröffentlichungen von Unternehmen.

Nachhaltig heißt nicht automatisch hohe Rendite

Der Markt an nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten ist für Anleger aufgrund fehlender Regeln und Klassifikationen noch recht unübersichtlich. „Wer sein Vermögen gern in grüne Anlagen investieren möchte, sollte sich Unterstützung bei einer Vermögens- oder Finanzberatung holen, die in diesem Bereich aktiv ist“, sagt Vermögensberater Lex. Dabei profitiert der Privatanleger nicht nur vom aktuellen Markt-Know-how des Beraters, häufig haben die Investmentanbieter auch passende Fonds in ihrem Portfolio. „Berater sollten hierbei nicht nur die ökologischen, ethischen oder sozialen Aspekte im Blick haben. Sie müssen auch über die Renditeaussichten und das Risiko aufklären“, merkt Ralf Lex an. „Wir stellen in Gesprächen mit unseren Mandanten immer wieder fest, dass private Anleger nachhaltige Finanzprodukte automatisch für sicher oder rentabel halten. Doch ein Unternehmen kann sehr nachhaltig arbeiten und Investoren dennoch nur geringe Renditeaussichten bieten – das sollten Anleger wissen und sich daher im Vorfeld gut beraten lassen“, ergänzt Lex seine Empfehlung.

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